Outperformance im Jahr 2020 gegenüber Aktien und Anleihen
Im Verlauf der COVID-19-Pandemie haben Wandelanleihen ihre defensiven Eigenschaften durch die festverzinsliche Komponente, den sogenannten Anleihen-Floor, gegenüber den Aktienmärkten unter Beweis gestellt. Aufgrund der technischen Ausgestaltung der Wandelanleihen wurde die Sensitivität gegenüber den Aktienmärkten (Delta) mit der Erholung der Finanzmärkte im zweiten und dritten Quartal automatisch erhöht, womit Wandelanleihen überdurchschnittlich an der Erholung partizipieren konnten. Wieso aber haben globale Wandelanleihen trotz einer theoretisch geringen Aktiensensitivität im Jahr 2020 besser abgeschnitten als andere Anlageklassen? Hierzu haben verschiedene Faktoren wie Konvexität, unterschiedliche Sektorgewichtungen gegenüber Aktien- und Kreditmärkten sowie die dynamische Anpassung des Universums insbesondere zum Start der Neuemissionswelle im Frühling des letzten Jahres beigetragen. Während es in der Vergangenheit vor allem kleine und mittelgroße Wachstumsunternehmen waren, die den Markt bestimmt haben, sind im Laufe des letzten Jahres vermehrt auch Zykliker aktiv geworden. Ein prominentes Beispiel dafür war die Reisebranche mit Jumbo-Emissionen u.a. von Lufthansa oder Southwest Airlines.
Für Wandelanleihen bereits zu spät?
Nach dem Ausnahmejahr 2020 für Wandelanleihen stellt sich die Frage, ob es für eine Neuinvestition in Wandelanleihen nun nicht »bereits zu spät« sei. Wir sehen hier aus verschiedenen taktischen- und strategischen Gründen weiterhin Potenzial für Wandler. In Zeiten mit Null- oder Negativrenditen an den Anleihenmärkten und rekordhohen Bewertungen an den Aktienmärkten stellen Wandelanleihen mehr denn je eine attraktive Alternative dar. Das Carry-Argument der festverzinslichen Anlagen hat ausgedient, und der Nachteil der Wandler in Form von niedrigeren Couponzahlungen (da Investoren für die eingebettete Option bezahlen) im Vergleich zu klassischen Obligationen ist, historisch betrachtet, so gering wie noch nie. So konnten Investoren die zuvor erwähnte Lufthansa-Wandelanleihe im November 2020 zu 2 % Coupon und einer Laufzeit von 5 Jahren mit einer Prämie von 42 % oder kurz darauf eine »normale« Obligation zu 3 % auf 5,5 Jahre zeichnen. Interessanterweise ist (per 10. Februar 2021) die Wandelanleihe aufgrund der Erholung des Aktienkurses des Emittenten auf 116 % angestiegen, während die Obligation ohne Wandelrecht durch die Ausweitung der Kreditrisikoprämie um 2 % gesunken ist.1
Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass Phasen erhöhter Volatilität an den Finanzmärkten, wie sie im Januar 2021 zu beobachten waren, Wandelanleihen in der Regel Auftrieb verleihen und somit gegenüber den Aktienmärkten eine relative Outperformance erzielt werden kann. Dies ist unter anderem der langfristigen Option einer Wandelanleihe zur verdanken, die unabhängig von der Richtung der Aktienmärkte an Wert gewinnt, wenn die Volatilität steigt. Wir glauben, dass die Volatilität – gemessen an der Differenz zwischen realisierter und impliziter Volatilität – derzeit günstig bewertet wird.
Des Weiteren ist die Anlageklasse im Hinblick auf die jüngsten Bedenken bezüglich einer erhöhten Inflationsgefahr aufgrund der eingebetteten Option und der kurzen Laufzeiten (im Durchschnitt ca. drei bis vier Jahre) wenig sensitiv gegenüber Zinssatzänderungen und kann bis zu einem gewissen Grad einen Schutz gegen inflationäre Tendenzen bieten.