Von gross bis klein
Während sich die vollautonomen Grossfahrzeuge langsam ihren Weg auf die Felder bahnen, macht bereits eine Menagerie kleinerer Roboter in einer Vielzahl von Nischenanwendungen von sich zu reden.
Die Ernte ist hierfür ein gutes Beispiel, denn die Vielfalt der Feldfrüchte und die unterschiedlichen Formen, Farben und Grössen jedes einzelnen Stücks erfordern ein spezielles System für jede Obst- und Gemüsesorte. In der Regel kommen dabei hochkomplexe Bildverarbeitungssysteme zum Einsatz. Harvest CROO Robotics aus Tampa, Florida, hat eine automatische Erntemaschine für Erdbeeren erfunden; Abundant Robotics aus Kalifornien bietet eine Maschine für Äpfel an, bei der die Früchte mit durch Unterdruck vom Baum gesaugt werden und Root AI hat eine Maschine für die Ernte von Tomaten entwickelt. Unkraut stellt eine ähnliche technologische Herausforderung dar. Hier geht es darum, Unkraut zu identifizieren und zu entfernen, ohne die Nutzpflanzen zu beschädigen. Naïo Technologies aus Frankreich verfügt über verschiedene Unkrautroboter für Reihenkulturen, Gemüse und Weinberge. Die Bosch-Tochter Deepfield Robotics hat derlei Roboter für spezifische Kulturen im Angebot.
Zu den allgemeineren Mehrzwecklösungen gehört das sogenannte Xaver-System von Fendt. Dabei handelt es sich um ein kleines autonomes Bodenfahrzeug (Autonomous Ground Vehicle, AGV), das in einer Flotte oder einem «Schwarm» arbeitet, um die Präzisionsaussaat von Mais zu überwachen und festzuhalten. Die satellitengestützte GNSS-Navigation und die Speicherung von Daten und Zeitabfolgen in der Cloud ermöglichen einen kontinuierlichen Betrieb rund um die Uhr. Ferner bieten Daten über die genaue Position jedes Saatguts und die Zeit, zu der es gepflanzt wurde, die Möglichkeit, weitere Prozesse wie die Bewässerung, Düngung und Schädlingsbekämpfung zu automatisieren.
BlueRiver Technology hat ein intelligentes See-and-Spray-System entwickelt, das dem Unternehmen zufolge den Einsatz von Pestiziden um bis zu 90 % verringert. Das System nutzt maschinelles Sehen und Lernen, um auf differenzierte Weise zwischen Baumwollpflanzen und Unkraut zahlreicher Arten und Grössen zu unterscheiden, mit dem Ziel nur das Unkraut präzise mit Herbiziden zu besprühen. In Zusammenarbeit mit BASF Digital Farming, John Deere sowie anderen Firmen hat Bosch ebenfalls intelligente See-and-Spray-Systeme entwickelt.
Sonstiges
Es gibt noch zahlreiche andere Bereiche, denen wir uns hier nicht widmen können, z. B. Farm-Management-Systemen, die landwirtschaftliche Betriebe mit Finanzierungs- und Versicherungs-lösungen sowie Geschäfts- und Marktdaten verbinden. Einige Systeme versuchen, die Lücke zwischen Ertrags- und Betriebsmanagement zu schliessen, indem sie den Landwirt dabei unterstützen, sein Budget, seine Preisannahmen und die täglichen Arbeitsabläufe auf dem Feld flexibel zu verwalten, um sich so Änderungen bei Angebot und Nachfrage am Endmarkt anzupassen.
Einige der einfachsten Lösungen erweisen sich als äusserst effektiv. Skira ist eine Online-Handelsplattform für Getreide, während Foodla lokale Produzenten und Online-Händler zusammenführt. In Entwicklungsländern bedarf es für viele der effektivsten Innovationen lediglich ein Mobiltelefon. FarmX zum Beispiel ist ein Online-Marktplatz für Landwirte in Indien, auf dem diese ihre Ernten sowie landwirtschaftliche Güter in grossen Mengen ohne kostspielige Mittelsmänner kaufen und verkaufen können. Ein weiteres Beispiel ist das US Farmers Business Network, ein digitaler Marktplatz zum Erwerb oder zur Anmietung von Produktionsmitteln. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um eine mit Uber vergleichbare Mietplattform für Traktoren und Mähdrescher. In ähnlicher Weise bietet Farming Revolution eine Weeding-as-a-Service(WaaS)-Lösung an, bei der verschiedene AGV-Roboter von Deepfield Robotics, einer Tochtergesellschaft von Bosch, eingesetzt werden.
Neben Ernte und Hofbetrieb gibt es in den Bereichen Verarbeitung, Verpackung und Vertrieb von Lebensmitteln ebenfalls Innovationen auf dem Markt, weitere befinden sich im Entwicklungsstadium. Logistikautomatisierung und intelligente Lieferketten sind hier ein Schlüsselbereich. Ferner besteht der Wunsch nach mehr Transparenz und Sicherheit in der Lebensmittellieferkette – ein Aspekt, der sowohl von Regulierungsbehörden als auch von Konsumentenseite vorangetrieben wird. Lebensmittelunternehmen reagieren allmählich auf diese Nachfrage und beginnen damit, in Lösungen zu investieren, anhand derer die Verbraucher die genaue Herkunft der Lebensmittel nachverfolgen können.
Die Einführung der Blockchain für Lebensmittel hingegen ist eher noch Zukunftsmusik. Generell befindet sich diese Technologie weiterhin in den Kinderschuhen, da das Kosten-Nutzen-Verhältnis für Landwirte in einigen Fällen nicht offensichtlich ist und es oft noch erheblichen Aufwands bedarf, die grundlegenden Datenströme einzurichten, die für den Betrieb eines derartigen Systems erforderlich sind. Diese Aufgabe wird dadurch erschwert, dass die Datenstandards in der Landwirtschaft nicht einheitlich und zudem stark siloartig sind. Eine der etablierteren Blockchain-Lösungen für die Landwirtschaft ist das IBM-Food-Trust-Netzwerk. Es verbindet ein breites Ökosystem von Teilnehmern über die gesamte Nahrungsmittelversorgungskette hinweg mit einem genehmigten, dauerhaften und gemeinsamen Datensatz des Nahrungsmittelsystems.